Zum Inhalt springen

Widerspruch ist ein Motor der Demokratie!

In den ländlichen Räumen hat sich in den letzten Jahrzehnten eine bemerkenswerte Veränderung vollzogen. Wo einst die konservative Hegemonie dominierte und das „CDU wählen“ zum guten Ton gehörte, hat sich das politische Landschaftsbild erheblich gewandelt. In Stammkneipen, Gartensparten und anderen vorpolitischen Räumen ist die konservative Dominanz nicht mehr selbstverständlich. Die Wahlergebnisse im Landkreis Sonneberg oder der Stadt Raguhn-Jeßnitz stehen als Beispiel dafür, dass sich diese Veränderung längst vollzogen hat. Es wird Zeit, sich in diese Räume wieder einzumischen, zu widersprechen und für demokratische Werte zu kämpfen.

Die fehlende Debatte

Wann haben wir zuletzt eine Kneipe betreten, in der uns die Einstellungen der Menschen darin als zumindest seltsam erschienen? Weil wir nicht dort sind, können wir mit unserer eigenen Meinung nicht kontern, meiden den Diskurs und überlassen den vorpolitischen Raum anderen. Darum mangelt an es Widerspruch, an Erklärung. Diese Zurückhaltung macht sich auch bei den kommunalen Mandatsträgern demokratischer Parteien bemerkbar, wenn sie versuchen die wahrgenommene Stimmung mit in die politische Debatte einfließen zu lassen. Statt der rechten Hegemonie zu widersprechen, übernehmen sie deren Ton und festigen so die Positionen der AfD.

Die Bedeutung von Narrativen

Ein Beispiel dafür lieferte im Kampf um das Landratsamt Sonnebergs ehemaliger Landrat Köpper. Mit Äußerungen wie „Was die in Berlin machen, versteht hier einfach kein Mensch“ wurde das Narrativ von „Wir hier unten und die da oben“ bedient, das der AfD in die Hände spielt. Doch wo bleibt das Narrativ der Demokraten? Wut und Hass treffen auf Sprachlosigkeit. In den kommunalen Parlamenten arbeiten mittlerweile nicht nur AfD und CDU, sondern auch andere Vertreter*innen zusammen, selbst wenn sie ideologisch unterschiedlich sind. Es ist naiv zu glauben, dass dies nicht geschieht, insbesondere in Regionen, in denen Menschen wie Peter von der CDU und Reiner von der AfD einst gemeinsam zur Schule gingen.

Das Fehlen von Zivilgesellschaft

Die Ursachen für diese Entwicklung sind vielfältig, doch eines ist offensichtlich: Es fehlt an einer starken Zivilgesellschaft vor Ort, die demokratische Standards vertritt und bereit ist, Widerspruch einzulegen und zu streiten, wo es dringend erforderlich ist. Unsere Gesellschaft ist zu segregiert, und wir überlassen den argumentativen Raum denjenigen, die die Demokratie abschaffen wollen. Haben wir Angst vor der Debatte? Dabei ist Widerspruch der Motor einer jeden Debatte und nicht ihre Bremse. Zustimmung aus Resignation oder Populismus ist ein Kniefall vor den Rechten.

Ein Appell zum Handeln

Es ist an der Zeit, dass wir uns wieder in den vorpolitischen Räumen engagieren, dass wir den Mut haben, unsere Meinung zu äußern und den demokratischen Diskurs zu suchen. Wir müssen uns gegen diejenigen stellen, die die Werte unserer Gesellschaft bedrohen. Es bedarf einer starken Zivilgesellschaft, die bereit ist, für die demokratischen Standards einzustehen und den vorpolitischen Raum zurückzuerobern.