Gastkommentar von Jürgen Kasek
In der AfD versammelten sich zunächst Menschen, die häufig sozial anerkannte Positionen besetzten. Unter einem Deckmantel aus Seriosität versuchen sie, Stammtischrassismus und eine populistische Europahetze gesellschaftsfähig zu machen. Gerade in Sachsen zeigt sich dabei, dass die AfD ganz gezielt versucht, Ressentiments gegen Minderheiten zu schüren und für sich zu nutzen. Hier positioniert sich die AfD weniger als eurokritische sondern vor allen Dingen als rechtspopulistische Partei, die offensiv versucht den rechten Rand der Gesellschaft an sich zu binden.
Politik
Der Politikwissenschaftler und Geschäftsführer des NDC Miro Jennerjahn hat die politische Tätigkeit der AfD im sächsischen Landtag untersucht ( http://publikative.org/2015/
Öffentlichkeitsarbeit der AfD in Sachsen
In den Pressemitteilungen der Partei arbeitet sich die Partei vor allen Dingen an Vorschlägen von anderen Parteien ab, ohne eigene Vorschläge oder Ideen zu entwickeln. Dies folgt der AfD Logik, dass es darum ginge eine Alternative darzustellen. Dieser Dualismus zwischen sogenannten Altparteien und AfD findet in der Pressearbeit seine Zuspitzung.
Im parlamentarischen Betrieb sind dementsprechend auch keine eigenen Vorschläge oder Gesetzesanträge auffällig geworden.
Auch beim Auftreten in den sozialen Netzwerken wird aus Ermangelung an eigenen Inhalten und Ideen vor allen Dingen der Hass auf die politischen Gegner geschürt.
Eine Linie gibt es dabei nicht. So äußert sich die AfD Sachsen sowohl zu Vorschlägen der JU Mecklenburg- Vorpommern, als auch zu Vorschlägen der GRÜNEN Stadtratsfraktion in Dresden. Zum Teil werden Äußerungen von Angehörigen anderer Parteien bewusst aus dem Kontext gerissen.
In den Pressemitteilungen wird immer wieder eine Sprache verwendet die kennzeichnend ist für das rechte Spektrum.
Ebenso wie z.B. die Bezeichnung einer deutschen Punkband als “linksextreme Hasskapelle” oder das Schüren von Ängsten vor Multikulturalismus, Muslimen und Linksextremen werden damit grundlos Skandalisierungen betrieben und gezielt eingesetzt. Beliebt ist dabei auch die Schuldumkehrung und die Selbstviktimisierung. Aufkleber an Schaufensterscheiben von Ladenlokalen werden als „linker Terror“ gebrandmarkt um gleichzeitig rechte Anschläge relativieren zu können.
AfD und PEGIDA
Im Zusammenhang mit PEGIDA ist das Bestreben deutlich geworden, dass Versammlungsgeschehen gezielt für sich nutzbar zu machen und sowohl Organisatoren als auch Teilnehmer von PEGIDA an sich zu binden. Die offensichtlich enge Zusammenarbeit zwischen PEGIDA Organisationsteam und AfD bis hin zu möglicherweise abgesprochenen Pressemitteilungen spricht dabei für sich. Allerdings hat PEGIDA zuletzt allzu forsche Annäherungsversuche zurückgewiesen und auf Eigenständigkeit gepocht was der parlamentarische Geschäftsführer der AfD mit „Bedauern“ zur Kenntnis nahm.
Bereits vorher war zu konstatieren, dass AfD Politiker immer wieder an Aufmärschen der extrem rechten PEGIDA teilnahmen und diese in der Presse verteidigten. Mitglieder des Landesvorstandes der AfD Sachsen, wie etwa Hans Thomas Tillschneider, gehörten auch am Anfang zu den Stichwortgebern bei LEGIDA und sind dort regelmäßige Gäste zusammen mit Hooligans und vermummten Neonazis, wie unter anderem der Brigade Halle.
Auch zuletzt nahmen AfD Landtagsabgeordnete an fremdenfeindlichen Demonstrationen etwa in Heidenau und Freital teil. Insgesamt wird deutlich versucht Anschlussfähigkeit zu behalten und herzustellen. Auffällig ist in diesem Kontext, dass die AfD in ihrer Pressemitteilung nach den wüsten Beschimpfungen der Kanzlerin in Heidenau von wortwörtlich „gesprächsbereiten Bürgern“ sprach, die man ernst nehmen müsse. Auch mit einer aktuellen Debatte über die Glaubwürdigkeit von Presse und Politik, die nichts anderes war als den Ruf „Lügenpresse“ ins Parlament zu bringen ist deutlich geworden, dass die AfD versucht eine Vorfeldbewegung zu etablieren. Das diese Bewegung im Kern aus Verfassungsfeinden besteht, ist dabei nicht von Belang.
Umgang mit der AfD
Im öffentlichen Umgang agieren die AfD und ihre Frontleute dennoch geschickt. Gewalt wird grundsätzlich verurteilt um dann bei Debatten über Rechtsextremismus feststellen zu können, dass es ja gerade der Linksextremismus sei, der die größere Gefahr darstelle. Selbst AfD Mann Höcke aus Thüringen geriert sich als Unschuldslamm, wenn er meint nicht festgestellt zu haben, dass in Thüringen bei den AfD Demos mehrfach der Hitlergruß gezeigt wurde und Gegendemonstranten angegriffen wurden.
Dennoch sollte man auch mit der Bezeichnung als Neonazis nicht vorschnell sein auch wenn die AfD etwa in Sachsen-Anhalt vom Verfassungsschutz beobachtet wird. Denn immer wieder tritt die AfD als Biedermann auf und reagiert auf Kritik in der Richtung mit der altbekannten Formel: „man wird ja wohl noch sagen dürfen“ oder behauptet die Meinungsfreiheit sei nicht mehr gegeben. Diese Selbstviktimisierung spielt mit einem Gefühl vieler Menschen ebenfalls nicht mehr gehört zu werden und gehört zur politischen Inszenierung. Das vorschnelle zuschreiben der AfD als verfassungsfeindliche Partei spielt der AfD dabei in die Hände.
Dies gelingt aber nur solange wie es der AfD selber gelingt ihren Kurs der „seriösen Radikalität“ umzusetzen. In der Inszenierung greift die AfD de facto auf eine Kampagne der sächsischen NPD zurück, die genau mit diesem Kurs versucht hat breite Gesellschaftsschichten zu erreichen. Nach außen hin gibt sich die Partei bewusst seriös, subtil bis offensiv wird daneben versucht bis nach weit rechts außen anschlussfähig zu sein.
Jürgen Kasek ist Landesvorstandssprecher von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Sachsen.
Foto von Metropolico.org