Als jemand der auf dem Land groß geworden ist, weiß ich wie es ist, wenn der Bahnhof erst im Nachbarort liegt und kein Bus mehr fährt. Ohne Auto ist man da ziemlich schnell aufgeschmissen. Aber extra ein Auto anschaffen?
Auto teuer. Politik naja.
Nach Angaben des Allgemeinen Deutschen Automobil Clubs (ADAC) kostet ein Auto in der Golfklasse zwischen 400 und 500 Euro pro Monat und wird im Durchschnitt lediglich eine Stunde pro Tag (Umweltbundesamt) genutzt. Dieses Kosten-Nutzen-Verhältnis überzeugt mich nicht.
Ich will kein Auto, aber trotzdem mobil sein. Das ist nicht nur ein Privatproblem – es ist auch ein politisches. Die Thematik „Mobilität im ländlichen Raum“ überfordert allerdings viele PolitikerInnen. Immer wieder werden, wie zum Beispiel in meiner Heimat Sachsen-Anhalt, Bahnhaltepunkte geschlossen und durch bescheidene Busverbindungen ersetzt, weil sie dem Rotstift des Finanz- und Verkehrsministers zum Opfer gefallen sind. Das Ergebnis dieser Politik: Der ländliche Raum verliert zunehmend den Anschluss.
Noch mehr Autos?
Doch was tun, damit es auch attraktiv bleibt auf dem Land zu leben? Wenn der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) immer mehr zurück gefahren wird, ist es nur folgerichtig die Eigenmobilität der Landbevölkerung zu erhöhen.
Sollen dann staatliche PKW-Kaufprogramme à la Abwrackprämie die Lösung sein? Das wäre weder für den eigenen Geldbeutel noch für den Umwelt- und Klimaschutz die passende Antwort. Die Lösung kann viel einfacher sein: Das Dorfauto.
Dorfauto? Dahinter steckt die Idee, dass ländliche Kommunen & Carsharing-Verbände geeignete Angebote und Modelle entwickeln, um BürgerInnen ein zusätzliches Mobilitätsangebot zu unterbreiten. Ganz nebenbei kann so auch auf die Kosten für das Zweit- oder Erstauto verzichtet und Geld gespart werden.
Auf dem Land zu Leben ist schön, aber damit junge Menschen auch abends noch in die Clubs, Arbeitnehmer noch auf Arbeit und Rentner noch zum Wocheneinkauf kommen braucht es neue und innovative Ideen – auch wenn sie im ersten Moment seltsam klingen.
Und das soll klappen?
Gerade bei jungen Menschen, so ergab im Jahr 2011 eine von BMW in Auftrag gegebene Studie unter 18 bis 30-Jährigen, sinkt der Stellenwert des eigenen Autos. Für sie bleibt Mobilität aber dennoch wichtig. Auch für pendelnde Arbeitnehmer kann sich dieses Angebot als Projekt mit Mehrwert erweisen, wenn sie zusammen mit Arbeitskollegen für das tägliche Pendeln Car-Sharing nutzen. Viele Rentner überlegen ohnehin, ob ein eigenes Auto noch sinnvoll ist. Dadurch, dass sie in aller Regel nicht mehr erwerbstätig sind, bleiben die Autonutzungen überschaubar: Die meisten Termine werden wohl auf den Wocheneinkauf oder den Arzt entfallen. Das sind absehbare Termine und daher planbar.
Es ließen sich noch einige Argumente zu den Vor- und Nachteilen des Dorfautos anführen, doch ich will es an dieser Stelle bei diesem kurzen Abriss belassen. Fest steht, dass gerade die Verkehrspolitik Lösungen finden muss, um den ländlichen Raum nicht vollkommen abzuhängen. Mein Vorschlag soll hierbei einen kontrovers diskutierbaren Vorschlag bilden. Immerhin sind es oft die unkonventionellen Ideen, die für Veränderung sorgen.
Foto von ThomasKohler